Der pavelsbacher Dialekt [1]
(von Wolfgang Fries)
Vorwort:
Zwar muss dieses Thema als "schwere Kost" eingestuft werden, da die relevanten Sachverhalte umfangreich und darüber hinaus schwierig darzulegen sind. Dennoch ist es unerlässlich sich mit dem Dialekt zu beschäftigen, zumal Traditionen und Alltagswissen tlw. nur im gesprochenen Dialekt sinnvoll weiter getragen werden können.
Bestes Beispiel sind hier die Kirchweihlieder. Ein sehr bekanntes Lied lautet auf Hochdeutsch:
"Ich habe mich schon lang, lange Zeit auf diese schöne Kirchweih gefreut. Aber jetzt, jetzt ist sie da, jetzt ich bin froh."
Die Textzeile stimmt inhaltlich zwar mit der Dialektversion überein, gibt aber die zugrunde liegende "Gefühlslage" (--> tiefe Freude über den Beginn der Kirchweih) nur sehr unzureichend wieder, zumal es sich bei der Kirchweih um d a s Highlight des Jahres gehandelt hat.
Allgemeines:
Bei diesem Artikel kann es sich lediglich um eine Annäherung an die Thematik handeln, wobei die pavelsbacher Sprachregelungen - trotz großer Bemühungen - nur unvollständig abgebildet werden.
Hinzu kommt, dass sich der Dialekt - wie jede lebende Sprache - ständig ändert. Die hier näher beschriebenen Sachverhalte beziehen sich deshalb ausschließlich auf das "Gesprochene Wort" in der Zeitspanne ab 1974 bis 2024.
Da ich mit Sicherheit nicht sämtliche Regeln und Redewendungen kenne, bin ich für Ergänzungen, Anregungen, aber auch Kritik sehr dankbar.
Örtliche Zuordnung:
Pavelsbach liegt hart an der Westgrenze des "Norbairischen Sprachgebiets."
Noch im Mittelalter war auch Nürnberg eine nordbairisch sprechende Stadt und hatte auch großen Einfluss auf das Umland. In der Neuzeit ist Mittelfranken mit Nürnberg selbst ostfränkisches Sprachgebiet geworden.
Pavelsbach weist (wie die meisten Orte in der westlichen Oberpfalz) seine eigene Mundart auf, die eine norbairische Grundlage besitzt, aber deutliche, ostfränkische Merkmale zeigt.
Zur Phonologie und Darstellungsform:
Gute Beispiele für den Sprachraum "Neumarkt" sind im hier verlinkten "Sprechenden Sprachatlas von Bayern" zu hören.
Wie die meisten Pavelsbacher feststellen werden, ist die Aussprache im pavelsbacher Dialekt jedoch nicht vollständig mit den dort abrufbaren Beispielen übereinstimmend.
Da nicht Jeder - ohne Weiteres - die bereits vorhandene deutsche Lautschrift fehlerfrei interpretieren kann, erfolgen nachstehende phonetische Beschreibungen mit einem Versuch der Lautmalerei:
1. Vokale
Der in Pavelsbach bestimmende Selbstlaut ist das "á".
Dieses "á" wird gesprochen wie das englische "a". Wie den beiden nachstehenden Beispielen zu ersehen ist, steht "á" (wie auch im Englischen) für den Artikel "ein" und wird regelmäßig mit dem nachfolgenden Wort sprachlich verbunden.
Englisch | Dialekt | Hochdeutsch |
a pig | áSau | ein Schwein |
a dog | áHuund | ein Hund |
Zu diesem "zentralen Vokal" existieren die nachstehenden "Mischformen", die nicht als Doppellaut (somit kein au, äu, eu, ei) gesprochen werden, sondern als Einzelvokale, aneinander gereit, auszusprechen sind.
Mischform | Dialekt | Deutsch |
á i (kurz geprochen) | áids | jetzt |
i á oder auch á i á | áBáiá (das i ganz kurz) | ein Bier |
áu (Betonung auf u) | áBáu | ein Junge |
oá (Betonung auf à) | áOá | ein Ei |
áü (deutl. Betonung auf ü) | d'Scháü | die Schule |
üá (deutl. Betonung auf ü) | Kabböbüà | Flurname bei St. Cäcilia |
Daneben gibt es eine Reihe von Wörter, bei denen ein Doppellaut mit á verbunden ist.
Beispiel: schauá (schauen/sehen)
Ein sehr wichtiger Vokal ist auch das sprachlich eng verwandte "a+". Dieser Selbstlaut ist ein "helles" "à", dass - bei der Aussprache - durch das deutliche Weiten des Mundes und des Gaumenbereichs entsteht.
Für die richtige Aussprache müssen Sie sich nur vorstellen, dass Sie ohne Fallschirm aus einem fliegenden Flugzeug springen. Jaaaa, genau, jetzt schreien sie das "a+" heraus (für unsere Zwecke nur viel zu laut).
Beispiel: Ba+wáschbo (--> Pavelsbach)
Ein annähernd passendes "Hörbeispiel" liefert der Song "Heiße Nächte in Palermo" der österreichischen Kultband "Erste Allgemeine Verunsicherung" (Album "Geld oder Leben") ab Laufzeit 1:05 Minuten. Achten Sie hier auf die Liedzeile: "....und a+ kla+na+, Sizlia+na+, fangd an zum wa+hna+". Hier der Link zu You Tube.
"a+" ersetzt in Pavelsbach den hochdeutschen Partikel "auch"
Pavelsbacher Selbstlaut-Kombinationen, die (ebenfalls) nicht als Doppellaut - sondern einzeln in einem "fließenden Übergang" - ausgesprochen werden:
- ou (gesprochen wie das englische o) / Beispiel: dou (dort)
- oi (betont auf i) / Beispiel: Woids (Weizen) vgl. hier gesonderter Punkt zu "ei"
- äi (betont auf i) / Beispiel: gäi zou (was du nicht sagst / beweg dich)
- ui (beide kurz / Beispiel: I gäi ins Huids (Ich gehe in den Wald)
Für den Selbstlaut "a" sind bei der Aussprache im pavelsbacher Dialekt keine signifikanten Abweichung von der Schriftsprache erkennbar. Jedoch wird "a" in Pavelsbach sehr oft durch andere Vokale oder Selbstlaut-Kombinationen ersetzt. (Beispiele: baden --> boon / Base --> Ba+hsl / Bart --> Boád)
Bemerkenswert ist auch, dass die Vokale "i", "o" und "u", am Wortbeginn kurz, in der Wortmitte und auch am Wortende jedoch lang ausgesprochen werden. Vor allem "i" und "o" werden im pavelsbacher Dialekt oftmals durch andere Selbstlaute ersetzt. (Beispiele: die --> dái / Hose --> Huusn). Beim Vokal "u" hingegen ist dies kaum der Fall.
Eine Besonderheit bildet in Pavelbach der Umlaut "ü". Dieser wird regelmäßig, abhängig vom darauffolgenden Konsonanten, ersetzt. Es gilt hier bezogen auf die Schreibweise im Schriftdeutschen:
- Folgt dem "ü" ein "r", wird ein "i á" gesprochen (Beispiele: Nürnberg --> Niámbeách / Bürgermeister --> Biácháma+sdá / dürr --> diá)
- Folgt dem "ü" ein "n" oder ein "t", so wird ein "á i" gesprochen (Beispiel: grün --> grái / Blüte --> Blài).
- Folgt dem "ü" ein "g" oder ein "nd", so wird ein "i" gesprochen (Beispiel: Bügeleisen --> Bigläsn / Sünde --> Sind)
- Folgt dem "ü" ein Doppelkonsonant, so wird in der Regel ein "i" gesprochen (Beispiel: dünn --> dihn / schütteln --> schiddln). Eine Ausnahme entsteht dann, wenn dem "ü" ein ein "Doppel-r" folgt; hier wird aus "ü" ein "iá" (Beispiel: dürr --> diá) (Diese Regelabweichung ist mit der Vokalisierung des Konsonante "r" im Auslaut zu erklären --> siehe unten)
Die Doppellaute "eu" und "äu" werden in Pavelsbach merklich ausgeprägter - als "oi" - ausgesprochen (Beispiel Flurname "An der Heide" --> d`Hoi), wobei das "äu" - wenn ein Substantiv einen Plural anzeigt - durch ein langes "ä" ersetzt wird (Beispiel: Häuser --> Hääsá / Mäuse --> Määs).
Der Doppellaut "ei" wird zu Wortbeginn mit "oi" ersetzt (Beispiel: Eier --> Oiá / Eiche --> Oichá. Eine Ausnahme bildet hier das Wort Ei selbst. Bei der Anzeige eines Singular wird "ei" durch "oá" (ein Ei --> áOá) ersetzt.
In der Wortmitte ist für das "ei" entweder ein "ä" (Beispiel: Feier --> Fäá), oder ein "oá" (Beispiel: daheim --> dáhoám) einzusetzen. Eine Gesetzmäßigkeit dürfte mit dem auf den Umlaut "ei" folgenden Buchstaben zusammen hängen (Vokal oder verschiedene Konsonanten). Gesetzmäßigkeiten hierzu müssen jedoch erst noch erarbeitet werden.
Zwischen Vokal und und Konsonant ist der "nasale Laut (n)" anzusiedeln. Dieser ist vergleichbar dem Wortbeginn des englischen sind: "are". Hierzu wird ein Vokal - meist ein á, a+ oder ein a - wird mit geöffnetem Gaumen gesprochen, so dass Luft durch die Nase strömen kann. (Beispiele: Knochen --> Boá(n) / Großvater --> Ah(n)fálá / sein --> sa+h(n))
2. Konsonanten
Wie im fränkischen Sprachgebiet ist auch der pavelsbacher Dialekt von der binnendeutschen Konsonantenschwächung geprägt.
In der Praxis werden, zwar nicht ganz so ausgeprägt wie im benachbarten fränkischen Sprachraum, aber deutlich merklich "t", "k" und "p" durch "d", "g" und "b" ersetzt. Eine Pavelsbacher Besonderheit ist hierbei das "k", das in Pavelsbach (vereinzelt) am Wortanfang vor einem Vokal stehend, zwar sehr weich, aber noch deutlich erkennbar gesprochen werden kann.
Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Kabbö (Kirche St. Cäcilia), während beispielsweise der Ort Seligenporten (Kloster) weicher mit "g" (-->Glousdá) ausgesprochen wird.
Dies alles heist aber nicht das Fortis ("t", "k", "p") und Lenis ("d", "g", "b") zusammengefallen sind. Vielmehr werden"t", "g" und "b" spirantisiert.
Aus "t" wird in Pavelsbach beim Auslaut daher ein "l" (Beispiel: Blatt --> Bla+l) und das "g" ein "ch" (Beispiel: Berg --> Beách). Aus dem "b" wird in der Wortmitte regelmäßig ein "w" und aus der Endsilbe "el" ein typisch oberpfälzisches "ö" (Beispiele: Gabel --> Gawö / Hobel --> Huwö).
Ferner wird das "r" im Silbenauslaut zu "á" vokalisiert (Beispiel: Bier --> Báiá).
Auch das "l" wird vokalisiert, und zwar mit dem Umlaut "ü". Jedoch nur dann, wenn es nach einem Vokal steht (Beispiel: Hausname Polster --> Boüsdà). Steht das "l" nach dem Selbstlaut "u", dann wird die Mischform "àü" gesprochen (Beispiel: Schule --> Schàü). Der kombinierte Vokal tritt hierbei stark in den Hintergrund, während der Umlaut "ü" überbetont wird. Nach Plosiven bleibt das "l" immer erhalten (Beispiel: ein Blatt --> àBla+l / Kloster --> Glousdà ).
Bemerkenswert für Pavelsbach ist, dass das "ck" oftmals zum "ch" wird (Beispiel: backen --> bachng), meist aber zum "g" (Beispiel: hocken --> hogng). Bislang ist hier eine Gesetzmäßigkeit nicht erkennbar, jedoch könnte hier die vor dem "ck" stehende Kombination von Konsonant+Vokal ausschlaggebend sein.
Grammatik und Morphosyntax:
Der in Pavelsbach gesprochene Dialekt unterscheidet sich nicht nur in Phonologie und Wortschatz vom "Hochdeutschen", sondern auch durch diverse morphosyntaktische Besonderheiten. Dabei gibt es eine Vielzahl von Merkmalen, die der "pavelsbacher Dialekt" mit den oberdeutschen Sprachen teilt.
- Tempus: In Pavelsbach wird die erste Vergangenheit (=Präteritum) in der Regel durch die vollendete Gegenwart (=Perfekt /Beispiel: ich sang --> i ho gsungà) ersetzt. Eine Ausnahme bildet das Hilfsverb "sein", dass auch in der ersten Vergangenheit verwendet werden kann (Beispiel: ich war = i woá)
- Kasus: Der zweite Fall (Genitiv) ist in Pavelsbach nicht gebräuchlich. Eine Besitzanzeige bei Personen wird durch eine Kombination des dritten Falls (Dativ) und einem Fürwort (Pronomen) ersetzt (Beispiel: Ruperts Milchwagen --> dem Rupert sein Milchwagen = àn Rubeád sài Müchwong)
- Relativpronomen 1: Im Nominativ finden die Relativpronomen welcher, welches und welche in Pavelsbach keine Anwendung. Ferner werden im Nominativ die Relativpronomen "der (deà)", "die (dái)", "das (des)" und "die (dái) regelmäßig synkopiert bzw. reduziert. Aus dem Maskulinum "deà" wird in Pavelsbach "dá" (Beispiel: dá Bauá), aus dem Femininum "dái" wird "d" (Beispiel: d'Bäere), aus dem Neutrum "des" wird ein "s" (Beispiel: s'Bauánbáüwö) und aus Plural "dái" wird "d" (Beispiel: d'Bauán). Wie die Beispiele zeigen, assimilieren das Femininum und das Neutrum den reduzierten Artikel oft an den Anlaut des zu begleitenden Substantivs. Vor dem Frikativ "h" eines Femininum/Plural wird der reduziere Artikel "d" (für "die" ~ "dái") in Pavelsbach zu einem "weichen" (aber noch vernehmbaren) "t" verhärtet (Beispiele: t'Huusn ~ die Hose / t'Haud ~ die Haut / t'Hääd ~ die Häute).
- Relativpronomen 2: Da der Genitiv in Pavelsbach nicht gebräuchlich ist, werden auch die Relativpronomen dessen und deren nicht genutzt.
- Relativpronomen 3: Im Dativ finden die Relativpronomen welchem, welcher und welchem in Pavelsbach keine Verwendung. Die Relativpronomen "dem" (männlich), "der" (weiblich), "dem" (sächlich) und "den" (Mehrzahl) werden in Pavelsbach ebenfalls reduziert bzw. ersetzt. Aus Maskulin "dem" wird "im" (Beispiel: D'Kou káiàd im Bauán), aus Feminin "der" wird "dá" (Beispiel: Dà Houd káiád dá Bäere), aus Neutral "dem" wird "im" (Beispiel: S'Spühzäch káiad im Bauánbáüwö) und aus dem Plural "den" wird "de" (Beidpiel: D'Ogsn káian de Bauàn).
- Relativpronomen 4: Der Gebrauch des Wortes "wo (wou)" als Relativpartikel hat in Pavelsbach immer zu erfolgen. Die Standarddeutschen Relativpronomen "der, die, das" (deá, dái, des) ersetzen hierbei nicht "wo (wou)" sondern sind mögliche Ergänzungen (Beispiel: Dài Kou, dái wou i guád kehn, háud me gschäh a+ffeghaud. = Die Kuh, die wo ich gut kenne, hat mich stark getreten. / Des Moil, des wou du miá Gesdàn dsägd housd, la+fd grood iwà d'Schdràus. = Das Mädchen, das wo du mir Gestern gezeigt hast, läuft gerade über die Straße.).
- Akkusativ (des Reflexivpronomens) "du": In der 2. Person Singular wird "du" bekanntermaßen zu "dich". Dich wird in Pavelsbach jedoch zu "de" (Beispiel: "du solltest dich schämen" --> "scha+m de")
- Partizip Perfekt der pavelsbacher Verba 1: Im pavelsbacher Dialekt wird die Schriftdeutsche Vorsilbe "ge-" regelmäßig zu "g-" synkopiert (Beispiel: aus "gesäht" wird "gsa+hd" / aus "geschrieben" wird "gschriem"). Vor Plosiven wird die Vorsilbe "ge-" komplett reduziert (Beispiel: "gekommen" wird zu "kummà" / "gebacken" wird "bachng" / "gegessen" wird zu "gessn"). In einigen Fällen kennt das "pavelsbacher Partizip Perfekt" darüber hinaus eine völlig andere Form als im Hochdeutschen. So wird etwa aus "gewusst" in Pavelsbach "gwissd", "gewesen" wird zu "gween" und statt "gedacht" sagt man in Pavelsbach "dengd". Steht im Schriftdeutschen nach der Vorsilbe "ge-" das Frikativ "h", wird die in Pavelsbach zu "g-" synkopierte Vorsilbe "ge-" zu einem "weichen" (aber noch vernehmbaren) "k-" verhärtet (Beispiele: "hacken" ~ "hauá wird zu "gehackt" ~ "khaud" / "heuen" ~ "hääng" wird zu "geheut" ~ "khäggd").
- Partizip Perfekt der pavelsbacher Verba 2: Wie die vorstehenden Beispiele "kummá", "gessn" und "bachng" zeigen, werden auch die Beugungsendungen dieser Verben oftmals reduziert. Insbesondere wird die "Verb-Endung" "-en" in Pavelsbach, in Abhängigkeit vom davorstehenden Konsonanten, zu "-à", "-n" oder "-ng". Die zugrunde liegende Regel wird noch erarbeitet.
- Infinitiv: In Pavelsbach endet der Infiniv auf "-ng" (Beispiel: zu machen = machng), "-n" (Beispiel: zu essen = essn) oder "m" (Beispiel: zu hoffen = hoffm). Auch hier ist eine Gesetzmäßigkeit zunächst nicht zu erkennen und muss noch erarbeitet werden.
- Diminutiv: Die Verkleinerungsform eines Substantivs wird in Deutschland meist durch die Endungen "-chen" und "-lein" angezeigt. In Pavelsbach erfolgt dies durch anhängen der Endungen "-lá", "-l" und "ö". Wie im Schriftdeutschen existieren auch im pavelsbacher Dialekt verselbständigte Diminutive, bei denen es sich formal um Verkleinerungsformen eines Ursprungsbegriffs handelt, die jedoch als eigenstäniger Begriff verwendet werden (Beispiel: "Mädchen"~"Moil" --> Verkleinerungsform von "Magd"~"Moád")
- Pluralbildung bei Substantiven: In der deutschen Sprache ist es üblich, den Plural eines Hauptwortes (in Abhänigikeit vom Genus des Wortes) durch die Endungen "-e, -er, -(e)n, -s" anzuzeigen. Dies geschieht im pavelsbacher Dialekt - unabhängig vom Genus - meist(!!!) nicht. (Beispiele: Brot->Brote ~ Broud / Tüte->Tüten ~ Guggán). Dieser auch in der deutschen Schriftsprache bekannte Nullplural (Beispiele: Gürtel oder Kuchen) tritt im pavelsbacher Dialekt deutlich häufiger auf. Eine Mehrzahlbildung ergibt sich dann in der Regel durch das Vorausstellen von Relativpronomen und/oder Mengenattributen oder Numeralen. Auch die Form des Umlautplurals (Beispiel: Frosch -->Frösche ~ Fruusch --> Fresch) ist von der vorstehend beschriebenen Häufung des Nullplurals betroffen (Beispiel: Huhn --> Hühner ~ Heená). Abweichungen von der hochdeutschen Schreibregelung gibt es auch bei der Pluralbildung von Komposita. Während in der deutschen Schriftsprache das Vorderglied keine Änderung erfährt (Beispiel: Apfelbaum --> Apfelbäume), trifft dies in Pavelsbach nicht in jedem Falle zu (Beispiel: Abföba+m --> Öpföbáim). Das im Deutschen bekannte Kollektivum (der Ast->die Äste->das Geäst) findet in Pavelsbach kaum Verwendung. Eine Ausnahme bildet hier die Bezeichnung Droi (Getreide). Hierzu existiert das Kollektivum "Droidá", welches die Gesamtheit der Getreidefelder in einer Region oder in einem Flurabschintt beschreibt. Die in der deutschen Grammatik gebräuchliche pluralbedingte Bedeutungsverschiebung (Beispiel: das Wasser~ unbestimmte Menge --> die Wasser ~ Flüsse o. Seen --> die Wässer ~ verschiedene Sorten Trinkwasser), ist im pavelsbacher Dialekt unbekannt. Die Pluralbildung eines Diminutivs erfolgt in Pavelsbach u.a. immer durch das Anhängen der Endung "-lá".
- Adverbien: Während der Umfang der Temporal- und Lokaladverbien in Pavelsbach dem der deutschen Schriftsprache in nichts nachsteht, ist die Anzahl der Modal- und Kausaladverbien im Dialekt deutlich geringer. Deutsche Modaladverbien werden in Pavelsbach sehr oft umschrieben (Beispiele: blindlings --> wái á blinde Bremmá / folgendermaßen --> des machsd á suu). Folgende Modaladverbien finden im pavelsbacher Dialekt keine Anwendung: "einigermaßen, rundweg, jählings, mit ohne, ferner, zudem". Gleiches gilt für nachstehende Kausaladverbien: "folglich, andernfalls, dennoch, wozu". Kommentaradverbien sind in Pavelsbach nahezu ungebräuchlich (Beispiele fehlender Dialektadverbien: schließlich, bedauerlicherweise, glücklicherweise, immerhin, natürlich, anerkanntermaßen, bekanntermaßen, dummerweise, zweifelsohne u.v.m.).
- Präpositionen: Die Anzahl der im Schriftdeutschen zahlreich vorhandenen Verhältnis- oder Vorwörter ist im pavelsbacher Dialekt deutlich ausgedünnt. Völlig fehlen Äquivalente u.a. zu den nachstehenden Präpositionen: "abseits, unweit, binnen, angesichts, anlässlich, behufs, betreffs, infolge, kraft, seitens, unbeschadet, ungeachtet, vermittels, vermöge". Im Dialekt nicht vorhandene Präpositionen werden in Pavelsbach bei Bedarf teilweise auch umschrieben.
[1] Als Basis für obigen Artikel dienen dem Autor die Wikipediaseiten
"Norbairische Dialekte" https://de.wikipedia.org/wiki/Nordbairische_Dialekte,
"Ostfränkische Dialekte" https://de.wikipedia.org/wiki/Ostfr%C3%A4nkische_Dialekte,
"Phonologie" https://de.wikipedia.org/wiki/Phonologie
"Sprachtypologie" https://de.wikipedia.org/wiki/Sprachtypologie
"Deutsche Grammatik" https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Grammatik mit "Tempus" https://de.wikipedia.org/wiki/Tempus
"Relativpronomen" https://de.wikipedia.org/wiki/Relativpronomen
"Plural" https://de.wikipedia.org/wiki/Plural mit "Suffix" https://de.wikipedia.org/wiki/Suffix und "Genus" https://de.wikipedia.org/wiki/Genus_(Begriffskl%C3%A4rung)
"Adverb" https://de.wikipedia.org/wiki/Adverb
"Präposition" https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4position
sowie die dem Autor bekannten pavelsbacher Sprachregelungen.
Wortschatz:
Nachstehend werden - nach und nach - verschiedene Bereiche des pavelsbacher Wortschatzes beschrieben. Dargestellt wird in der linken Spalte jeweils der hochdeutsche Begriff, in der Spalte daneben die Übersetzung in den pavelsbacher Dialekt.
Vornamen:
Wie recherchen in den Möninger Kirchenbüchern ergaben, war das Repertoire der in Pavelsbach gebräulichen Vornamen in Vergangenheit sehr eingeschränkt. Zwischen 1800 und 1880 waren dies bei Frauen meist Anna, Maria und Annamaria, vereinzelt noch Barabara und Katharina. Bei den Männern war der meistgenutzte Vorname eindeutig Johann (alleinstehend oder mit den Zusätzen "Baptist" oder "Evangelist"), weit danach kommen Joseph, Georg und Michael.
Bei der Aussprache wird immer der Vokal der ersten Silbe betont.
Hochdeutsch | Dialekt | Kosename Dialekt |
Albert | Aüweàd | |
Alois | Alis | Loisl |
Anna | Ahnà | Ahnàlà |
Annamaria | Annàmiàl | |
Appolonia | Lone | |
Barbara | Bawàn | |
Cäcilia | Dsülle | |
Eduard | Ede | |
Eleonore | Ella / Lore | |
Emil | Ömö | |
Franz | Frands | Fra+ndsl |
Georg | Schore/Schoàsch/Giágl | Giàchálá |
Johann | Hannàs | Hanse |
Josef | Sebb / Bebb / Sebbö | Sebbálá |
Justina | Jusdà | Jusdàlá |
Katharina | Ka+dde / Ka+ddl | |
Leonhard | Láil / Hoàdl / Hoáddà | |
Ludwig | Lugg / Lugge | |
Peter | Bäidà | Bäidàlà |
Rosina | Rosl / Rose | Rosálá |
Sebastian | Wasdl | Wa+sdàlá |
Simon | Simmà | Simmàlà |
Stefan | Stäff / Stäffö | |
Theresia | Räisl / Resl | Resàlà |
Walburga | Walbà | |
Willibald | Wülle |
Verschiedene Adjektive:
Einige der nachstehenden Eigenschaftswörter erfahren im pavelsbacher Sprachgebrauch, bei Bedarf, mit der Vorsilbe "sau" eine Steigerung.
schnell | (sau)schnàü | farbig | fa+hwe |
langsam | langsam | blass | blass |
hoch | (sau)houch | stark | (sau)schdoàg |
tief | dàüf | schwach | schwach |
groß | grous | schlau | schlau |
klein | gloà (a`gloàns) | dumm | (sau)dumm |
heiß | (sau)hoàs | blöd | (sau)blàid |
kalt | (sau- o. äs-)koüd | nass | (sau)noos |
gefroren | gfroàn | trocken | (sau)druggà |
eiskalt | äskoüd | feucht | fächd |
noch kälter | äskieslkoüd | windig | wiende |
hölzern | hüdsán | steinig | schdoáne |
eisern | äsán | sandig | sande |
hart | hiád | lehmig | loáme |
weich | woách |
Einige dieser Eigenschaftswörter können mit dem Wort "sau" gesteigert werden.
Bei den Worten "(äs)koüd" und "noos" kommt es zu einer phonetischen Abweichung, wenn diese Adjektive ein attributive Verwendung erfahren. Aus "koüd" wird dann ein "kaüd" und aus "noos" wird "nass". (Beispiel À kaüds Bàià / Á nasse Wiesn). Bei prädikativer Verwendung oder zur adverbialen Bestimmung ist hingegen "koüd" bzw. "noos" zu verwenden (Beispiel: Des Bàià is koüd. / D'Wiesn is noos.).
Farben:
Das "ü" wird im Auslaut immert betont.
hell | hàü | weiß | wääs |
dunkel | findsdà / dungl | schwarz | schwoàds |
grau | grau | ||
braun | brau | ||
rot | roud | ||
orange | ora+sch | ||
hellgelb | hàügàüb | gelb | gàüb |
dunkelgrün | dunglgrài | grün | grài |
blau | blau | ||
lila | lilla | ||
rosa | rosa |
Zahlwörter (Numerale):
eins | oáns | einunddreissig | oánádrässg |
zwei | zwoá | dann wie bei zwanzig | |
drei | drää | ||
vier | vàià | vierzig | viàdsg |
fünd | fiimf | fünfzig | fuchdsg |
sechs | segs | sechzig | sechdsg |
sieben | siem | siebzig | siewàdsg |
acht | achd | achtzig | achdsg |
neun | nài | neunzig | nàindsg |
zehn | dsià | einhundert | hunnàd |
elf | àüf | zweihundert | zwoàhunnàd |
zwölf | dswöf | zweihunderteins | zwoàhunnàdoàns |
dreizehn | drädsià | ||
vierzehn | viàdsià | dreihundert | drähunnàd |
fünfzehn | fuchdsià | vierhundert | viàhunnàd |
sechzehn | sechdsià | fünfhundert | fiimfhunnàd |
siebzehn | siewádsiá | sechshundert | segshunnàd |
achtzehn | achdsià | siebenhundert | siemhunnàd |
neunzehn | nàindsià | achthundert | achdhunnàd |
zwanzig | dswandsg | neunhundert | nàihunnád |
einundzwanzig | oànàdswandsg | eintausend | dausnd |
zweiundzwanzig | dswoárádswandsg | zweitausend | zwoàdausnd |
dreiundzwanzig | dräàdswandsg | ||
vierundzwanzig | viàràdswandsg | zehntausend | dsiàdausnd |
fünfundzwanzig | fiimfàdswandsg | zwanzigtausend | dswandsgdausnd |
sechsundzwanzig | segsàdswandsg | ||
siebenundzwanzig | siemàdswandsg | einhunderttausend | hunnàdausnd |
achtundzwanig | achdàdswandsg | zweihunderttausend | zwoàhunnàdausnd |
neunundzwanzig | nàinàdswandsg | ||
dreissig | drässg | eine Million | àMüllion |
Thematisch dazu passend nachstehend die Uhrzeiten in Pavelsbach:
null Uhr | zwöfe nachds | zwölf Uhr | zwöfe midooch |
ein Uhr | oáns in dá frái | dreizehn Uhr | oáns |
zwei uhr | zwoa in dá frái | vierzehn Uhr | zwoá |
drei Uhr | dräh in dá frái | fünfzehn Uhr | dräh |
vier Uhr | váiáre in dá frái | sechzehn Uhr | váiáre |
fünf Uhr | fiemfe in da frái | siebzehn Uhr | fiemfe |
sechs Uhr | segse in dá frái | achtzehn Uhr | segse áumds |
sieben Uhr | sieme in dá frái | neunzehn Uhr | sieme áumds |
acht Uhr | achde in dá frái | zwanzig Uhr | achde áumds |
neun Uhr | náine in dá frái | einundzwanzig Uhr | náine a+f dnochd |
zehn Uhr | dsiáne in dá frái | zweiundzwanzig Uhr | dsiáne a+f dnochd |
elf Uhr | áüfe midooch | dreiundzwanzig Uhr | áüfe nachds |
Die auf Viertelstunde genaue Zeit wird in Pavelsbach nach den in Franken und der Oberpfalz üblichen Regeln definiert. Nachstehend an drei Beispielen erläutert:
13:15 Uhr | váilzwoá | 13:30 Uhr | haüwázwoá |
13:45 Uhr | dräváilzwoá |
Die Wochentage in Pavelsbach:
Montag | Ma+hndá |
Dienstag | Iáddá |
Mittwoch | Miggá |
Donnerstag | Dunáschdá |
Freitag | Frähdá |
Samstag | Samsdá |
Sonntag | Sundá |
Im pavelsbacher Wald:
Anzündeholz (Bün-del Kleinholz+Reisig) | Buschn [1] | Haselnuss | Hoslnuss |
Axt | Haggá | hacken (umhacken) | hauá (umhauá) |
Beil | Ha+ggl | (Anzündeholz hacken) | (buschnhauà) |
Birken | Biágá (Einz.+ Mehrz.) | Heidelbeeren | Dschwaüdschbá |
Birkenpflänzchen | Biágálá | Lärche | La+chálá |
Buchen | Báuchá (1z+Mehrz.) | Linde | Lindnba+m |
Buchenpflänzchen | Báuchálá | Moos | Moos |
Eichen | Oichá (1z + Mehrz.) | Reh(e) | Ráich (Einz.+Mehrz.) |
Eiche Einzahl | Oichárähs | Rehbock | Ráichbuug |
Fichten | Fáichdn (1z + Mehrz.) | Rehböcke | Ráichbegg |
Fichtenpflänzchen | Fáichdl | Säge | Seech |
Föhren | Feerà | Motorsäge | Modoáseech |
Föhrenpflänzchen | Feerálá | Tannen | Danná |
graben / Graben | groom / Grohm | Tannenbaum | Dannába+m |
ausgraben | a+sgroom | Wald | Huids |
umgraben | umgroom | Waldarbeiter | Huidswuám |
[1]
Auf dem pavelsbacher Acker:
Acker | Aggá | Kartoffelsack (aus Jute) [5] | Eábeánsoog |
Beet | Beddl | Loám | |
Dünger | Dung | Mais | Mähs |
Egge (eggen) | Iich (ingà) | Miisd | |
Roa+n | Mist auf Feld verteil. | miisdbroin | |
Gabel | Gawö | pflügen | aggán |
Gerste | Geáschn | Roggen | Koán |
Getreide | Droi | Rübe (Blätter abzup.) | Ráum (grosen) [6] |
Getreidesack Getreidesieb [1] | Droisoog Räddán | Raná / Rangárá / Doáschn | |
Hacke (Feldhacke) | Hauá | Runkelrüben schnitzeln | Doáschn o. Rangárá (oh)za+gln |
Hafer | Hawán | säen | sa+hn |
Handga+ü | Sandboden | Sandbuun | |
Häufelpflug [4](Kartoffeln häufeln) | Häföpfláuch (Eábeán häfön) | Soolga+ü | |
Ohl | Kadsáschwa+nds | ||
Kartoffel (ausgraben) | Eábeán(grohm) | Sojabohnen | Saubáuná |
Kartoffelhacke [2] | Gra+ü | Dowàgg | |
Kartoffeldamm [3] | Biifang | Weizen | Woids |
Kartoffelkräuter | Eábeángrädà | Zuckerrübe | Dsuggáráum |
[1] [2] [3]
[4] [5] [6]
Auf der Wiese:
abmähen (abgemähd) | oma+hn (ogma+hd) | Häägawö Hääwoong | |
Bindsá | umschloong | ||
Bremmá | Klee | Glái | |
Futter (für Rinder) | Fáudára+dsche | mähen | ma+hn |
Gras | Groos | Rechá | |
Groshupfá | rechen (zusammenrechen) | rechàn (dsammrechán) | |
Gras für Hasen | Hoságros | Schláoán | |
Grammád | Sengsd | ||
Hää | Sichl | ||
hääng | Schloon |
Auf dem Hof:
Arbeit im Kuhstall | schdoüa+wán | Kuheuter | Káuoiddá |
ausmisten | a+smisdn | Kuhschwanz | Káuschwans |
Bulle / Stier | Stáiá | Kuhstall | Káuschdoü /Káischdoü |
Buddàfoos | Loch in Hühnerstalltür | Hehnáluch | |
Ente(n) | A+ndn (1Z. + Mehrz.) | melken | máügng |
Erpel | A+ndárich | Melkmaschine | Máügma+schiiná |
Kalm (1z.) Kalmá (Mz) | Milch | Müüch | |
füttern | fáiddán | Mistgabel | Miisdgawö |
Gans (weiblich + allg.) | Gaans | Mistwagen | Miisdwoong |
Gans (männlich) | Gaansà | Ochse | Ogs |
Gänseschar | Geensha+dd | Pferd | Ga+ü |
Handga+ü | Rübenmühle [2] | Doáschnma+schiná | |
Hääa+fdsuch | Soolga+ü | ||
Heustock | Hääschduug | Scheune / Stadel | Schdool |
Hühnerkot | Heenádreeg | Scheunentor | Schdooldoà |
Hühnerstall | Hehnáschdoü | Schwein | Sau |
Oolfoos | Schwein männlich | Beeá (Saubeeá) | |
Oolgráum | Schwein weiblich | Dsuchdl | |
Jaucheschöpfer [1] | Oolschebfá | Schweinestall | Sääschdoü |
Kälbchen | Kähwö (1 Zahl) Käwlá (Mehrzahl) kalmá / köwán | Sitzbrett vor dem Taubenschlag | Faalàbreel |
Kartoffeltriebe entfernen | Ebeán odsupfm | Taubenschlag | Daumschloch |
Kartoffelkeller | Ebeánköllá | Zitze des Kuheuters | Schdrichà |
Ebeándemfá | |||
Kuh decken | dsáudrähm |
[1] | [2] |
Wir erstellen gerade weitere Inhalte für diesen Artikel. Um unseren eigenen hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden benötigen wir hierfür noch etwas Zeit.
Bitte besuchen Sie diese Seite bald wieder. Vielen Dank für ihr Interesse!